Sitzender junger Mann in schwarzem Rock
- Datierung1835
- ObjektartGemälde
- Material/TechnikÖl auf Leinwand
- Maße38,5 × 30 cm
- SignaturSign. und dat. rechts unten: Ritter p. / 1835.
- Inventarnummer5028
- Standort Derzeit nicht ausgestellt
Ritter war an der Wiener Akademie der bildenden Künste in den Jahren 1829 bis 1834 in der Historienmalerei unterrichtet worden. Das erste Gemälde, mit dem er an einer Akademie-Ausstellung (1830, Nr. 235) teilnahm, war jedoch keine historische oder mythologische Szene, wie es für einen Studenten dieses Faches vorausgesetzt werden könnte, sondern ein Selbstbildnis. Der Aufenthalt dieses Gemäldes ist heute unbekannt, doch vermag das hier abgebildete Porträt eines jungen Mannes, das fünf Jahre später entstanden ist, einen Eindruck vom hohen künstlerischen Niveau zu vermitteln, das der junge Maler bereits in den 1830er Jahren erreicht hatte. Ungewöhnlich an dieser Darstellung ist die Perspektive, denn im Vordergrund ist das kleine Tischchen zu sehen, erst dahinter sitzt der Porträtierte. Durch dieses Spiel mit der Augentäuschung und die in vorzüglicher Verkürzung dargestellte Hand, die noch dazu in natürlicher Bewegung in einem Buch blättert, dokumentiert Ritter einen künstlerischen Rang, den nur wenige Künstler seiner Zeit für sich geltend machen konnten. Eine Anregung für das raumschaffende "Versatzstück" im Bildvordergrund mag in den Gemälden von Gerard Dou (1613–1675) zu finden sein, die unser Maler aus der Kaiserlichen Gemäldegalerie im Oberen Belvedere (heute Kunsthistorisches Museum Wien) kennen konnte. Vielleicht inspirierten ihn auch der "Schiedsrichter" (1529, Kunsthistorisches Museum Wien, Inv.-Nr. 783) von Barthel Beham (1502 bis 1540) oder Porträts von Hans Holbein d. J. (1497–1543), die als Reproduktionen erhältlich waren. Diese möglichen Vorbilder wurden im vorliegenden Bild jedoch sehr eigenständig umgesetzt und zeitgemäß adaptiert. Die Figur in ihrer gesamten Erscheinung vermittelt eine enorme Lebensnähe, etwa durch die offenen Gesichtszüge, den intelligent-fragenden Blick, die weich geformten Lippen und die leger anmutende Körperhaltung. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die klaren, frischen Farben und eine Maltechnik, die mithilfe von feinen, jedoch leicht aufgetragenen Farbnuancen den Körper behutsam modelliert. Originell ist auch das zurückgeschlagene Tischtuch, durch das die mit dem Federkiel angebrachte Signatur des Malers sichtbar wird.
[Sabine Grabner, in: Grabner, Sabine: Mehr als Biedermeier. Klassizismus, Romantik und Realismus in der Österreichischen Galerie Belvedere, München 2006, S. 82f]
- 1955 Ankauf Dorotheum, Wien