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Andrea Pozzo

Johann Peter Krafft, Lobpreisung (großes Gewölbefeld) (Verkleinerte Kopie nach dem Fresko von A ...
Andrea Pozzo
Johann Peter Krafft, Lobpreisung (großes Gewölbefeld) (Verkleinerte Kopie nach dem Fresko von A ...
Johann Peter Krafft, Lobpreisung (großes Gewölbefeld) (Verkleinerte Kopie nach dem Fresko von Andrea del Pozzo in der Wiener Universitätskirche), 1830–1832, Deckfarben auf Papier auf Leinwand, 99,5 x 177 cm, Belvedere, Wien, Inv.-Nr. 6681
Dieses Werk ist Teil der Open Content Policy des Belvedere, ist zum Download freigegeben und unterliegt der Creative Commons Lizenzvertrag Creative Commons License CC BY-SA 4.0.
    1642 Trient – 1709 Wien
    SterbeortWien, Wien, Österreich, Europa
    GeburtsortTrient/ Trento, Trentino-Südtirol, Italien, Europa

    Pozzo (Pozzi; Puteus; irrtümlich del/dal P.), Andrea, ital. Maler, Architekt, Szenograf, Jesuit (Laienbruder), Kunstschriftsteller

    P. besucht 1652-59 die Jesuitenschule in Trient und absolviert anschl. eine dreijährige Lehre bei einem unbek. Trientiner Maler, der vermutlich in der Wkst. des Palma il Giovane gewirkt hatte. 1661 wird sein Gesuch, in den Orden der Unbeschuhten Karmeliter einzutreten, abgelehnt; 1662 geht er nach Como; von dort nimmt ihn ein Maler (wahrsch. Giovanni Ghisolfi oder Antonio Busca [1625]) mit nach Mailand, wo erste Werke entstehen (nicht erh.) und er (ab 1664) Kunstwerke in Kirchen, Gal. und der Akad. studiert und als freier Maler arbeitet. Von P.s künstlerischer und theoretischer Ausb. ist sonst nur wenig bekannt. Im Dez. 1665 wird er in den Jesuitenorden aufgenommen, verbringt den Beginn des dreijährigen Noviziats in S.Antonio in Chieri/Piemont (dort sind im 18.Jh. noch Gem. von ihm bezeugt) und kehrt 1667 wieder nach Mailand zurück (ins Professhaus von S.Fedele); 1671 sind erste ephemere Werke bezeugt anlässlich der Kanonisation des hl.Franz von Borgia sowohl für die Jesuitenkirche S.Fedele in Mailand als auch für SS.Ambrogio e Andrea in Genua, die seine Fähigkeit als Perspektivmaler unter Beweis stellen; 1672/73 erneut in Genua; in den nächsten Jahren entstehen versch. Werke, darunter Altar-Taf. für Kirchen in Romano/Lombardei, Pavia und Trient. Von 1676/77 stammen die ersten Fresken mit illusionistischen Raumwirkungen in der damals erb. Kirche S.Francesco Saverio (auch Chiesa della Missione gen.) in Mondovì/Piemont mit Szenen aus dem Leben des hl.Franz Xaver; bemerkenswert ist die bühnenartige Darst. der Taufe der Königin Neachile von Indien in der Apsis (der Bozzetto im Bes. von Trient, Castello del Buonconsiglio, Mus. Provinciale d'Arte; als Leihgabe in Venedig, Gall. d'Accad.); in der Scheinkuppel öffnet sich der Himmel für die Apotheose des Hl.; im Anschluss daran führt P. die Fresken für die Kirche SS.Martiri in Turin aus (nur Fragm. erh.) sowie Altar-Taf.: 1678 für S.Lorenzo in Turin (Kreuzigung und Hll.); 1679 für S.Fedele in Mailand (Hl.Fam. und Engelskonzert, heute Turin, Priv.-Slg) und für S.Stefano in Sanremo (Der hl.Ignatius empfängt den hl.Franz von Borgia). In dieser Zeit malt er außerdem zwei Gem. für den Jesuitengeneral Giovanni Paolo Oliva in Rom, für die sich dieser in einem Brief v. 27.6.1679 bedankt (galten lange als verschollen: Maria Magdalena und Johannes Chrysostomos, beide Rom, Pal. Vaticano). Sie sollen P. den Weg nach Rom ermöglichen, wohin er auch (u.a. durch Empfehlung von Carlo Maratti, dem Oliva die Bilder gezeigt hat) berufen wird; durch den Tod von Oliva (26.11.1681) kurz vor der Ankunft P.s in Rom verliert er seinen Förderer; die ersten Monate ist P. in der Klosterküche tätig und erst durch die ephemere Festdekoration in Il Gesù zu Ehren des Allerheiligsten Sakraments (1682) kann er seine Fähigkeit als hervorragender Szenograf und Perspektivmaler unter Beweis stellen. Kurz darauf verwandelt er im Auftrag des neu gewählten Jesuitengenerals Charles de Noyelle den Korridor vor den Zimmern des hl.Ignatius im Professhaus durch seine Ausmalung in einen grandiosen Archit.-Prospekt, in den die Geschichten aus dem Leben des hl.Ignatius ebenso eingebunden sind wie Hll.-Figuren und berühmte Jesuiten. Bereits 1684 sind erste Planungen für die 1685 ausgef. Scheinkuppel in der Vierung von S.Ignazio bezeugt, die zumindest im Inneren die nicht ausgef. Vierungskuppel ersetzt; 1688-94 folgt das die gesamte Decke des Langhauses überspannende große Fresko mit der Apotheose des hl. Ignatius; hier gelingt es P. überzeugend (allerdings nur von einem bestimmten Augpunkt aus), die reale Archit. mithilfe der Quadraturmalerei illusionistisch fortzusetzen, wodurch der Anschein erweckt wird, der Raum öffne sich und setze sich in der himmlischen Sphäre fort; das dargestellte Programm mit dem Titel Verbreitung des Feuers der göttlichen Liebe durch den Jesuitenorden erklärt P. in allen Einzelheiten in einem Brief an den Fürsten von Liechtenstein; hinzu kommen die Fresken im Chor mit Szenen aus dem Leben des Hl. sowie diejenigen in den Gewölben des Querhauses, die 1701 voll. sind. Gleichzeitig nimmt er auch and. Aufträge an, die er mithilfe seiner Schüler und Gehilfen ausführt: z.B. 1694 die Fresken im Refektorium von S.Orsola; 1699/1700 diejenigen in der Jesuitenkirche in Frascati; es entstehen aber auch weitere Altarbilder sowie einige Porträts, darunter ein Selbstbildnis für die Slg der Medici (Florenz, Uffizien; eine Kopie in Rom, Il Gesù). Ab 1690 arbeitet er verstärkt als Architekt. Als solcher wird er zwar in die Planung versch. Kirchen einbezogen, viele seiner Entwürfe wie die Fassadengestaltung von S.Giovanni in Laterano (1699) kann er allerdings nicht realisieren, sie finden jedoch Eingang in sein Perspektivtraktat Perspectiva pictorum et architectorum (1693/1700), dessen erster Bd. Kaiser Leopold I., der zweite Bd. König Joseph I. gewidmet ist. 1694 gewinnt er den Wettb. für den Altar mit dem Grab des hl.Ignatius in Il Gesù (1699 voll.); diese Arbeit ist durch die tagebuchartigen Aufzeichnungen des mit den administrativen Aufgaben des Projekts betrauten Jesuiten Carlo Mauro Bonacina exakt dok. ("Diligenze ..." und "Ristretto ...", Rom, Arch. Romanum Soc. Iesu, Rom. 140). 1697 folgt der Altar für den Hl.Aloisius (Luigi Gonzaga) in S.Ignazio (1699 voll.; ein nicht ausgef. Modell in Rom, MN di Castel S.Angelo). Außerdem entstehen Entwürfe für versch. Jesuitenkirchen wie diejenige in Dubrovnik (1699), Siena (1700) und Montepulciano (1701/02), die dann nach seinen Entwürfen ab 1704 errichtet wird. 1700 beruft ihn Landgraf Karl von Hessen-Kassel, aber P. schickt einen Schüler. 1701 führt P. in Montepulciano Fresken im Salon des Pal. Contucci aus und entwirft den Hochaltar für die Kollegiatskirche in Lucignano. Wohl auch aufgrund seines Traktats wird P. 1702 auf Wunsch des Kaisers Leopold I., der auf P. durch den Fürsten von Liechtenstein aufmerksam geworden ist, nach Wien berufen. Auf seiner Reise kommt er erneut nach Montepulciano, erstmals nach Florenz und nach Trient, wo er für Freunde einige Gem. ausführt. In Wien soll er urspr. die noch im Bau befindliche Peterskirche ausmalen; da sich deren Voll. verzögert, wird er mit dem Umbau der Jesuitenkirche (heute Univ.-Kirche) in eine hochbarocke Anlage betraut; an der Fassade nimmt P. nur geringfügige Änderungen vor, das Innere jedoch erfährt durch Arkadeneinbauten, Emporen, Stucksäulen, großformatige Hll.-Figuren, v.a. aber durch die illusionistische Deckenmalerei eine tiefgreifende Umgestaltung. Durch die mon. Scheinkuppel im zweiten und dritten Joch des Langhauses (den trennenden Gurtbogen entfernt P.) wird der Raum zentralisiert; die mit Kassetten und breiten Gurten strukturierte Scheinkuppel, deren hoher Sockel durch Stützen und Fenster gegliedert ist, erinnert im Aufbau und der Perspektivkonstruktion an die Kuppel von S.Ignazio. In den benachbarten Jochen sind Engelsturz (W-Joch) und Engelsglorie (O-Joch) dargest.; über dem Hochaltar mit der Himmelfahrt Mariens (ebenfalls von P.) zeigt das Fresko die Trinität (P.s Langhausfresken werden 1827 von Johann Peter Krafft vollst. in Rest.-Bemühungen durch Kopien ersetzt, Letztere 1896-1907 sowie nach dem 2. WK erneut rest.). 1704 kommt als weiterer Auftrag die Ausgestaltung des Marmorsaals im Garten-Pal. Liechtenstein in Wien hinzu, bei dem ebenfalls die Schein-Archit. dominiert, die in die himmlische Zone des Olymp verweist und die Apotheose des Herkules darstellt (1709 voll.); die an den Wänden des Saals befindlichen Gem. mit den Vier Elementen und den zwei Szenen aus der Aeneis sind programmatisch mit dem Decken-Gem. verbunden. Zudem entstehen in Wien ab 1704 scheinperspektivische Hochaltäre für die Ordenskirchen der Trinitarier am Alsergrund (1704; nicht erh.), Franziskaner (1706/07) und Jesuiten am Hof (1709; nicht erh.) sowie für die Schloss-Kap. in Schönbrunn (1707; nicht erh.). Anlässlich des Todes Kaiser Leopolds I. errichtet P. 1705 in der Wiener Jesuitenkirche einen ausschl. scheinperspektivisch gemalten Katafalk. 1707 kann P. endlich damit beginnen, die Wiener Peterskirche auszumalen, jedoch stirbt er 1709 (bis dahin vier Seiten- und die Chor-Kap. sowie den gemalten Hochaltar ausgef.; ab 1713 alles durch eine Neuausstattung ersetzt); der überraschende Tod macht die (durch die ihm zugesicherte Berufung nach Venedig) berechtigte Hoffnung, nach Italien zurückkehren zu können, zunichte. - P. gehört mit Pietro Berrettini (gen. da Cortona) und Giovanni Battista Gaulli zu den wichtigen Barockkünstlern der illusionistischen Richtung; allerdings ist sein Einfluss weniger in Rom spürbar als in den Ländern nördlich der Alpen; das macht sich v.a. bei der barocken Kunst in Österreich bemerkbar, findet aber auch ihren Niederschlag in Süddeutschland, namentlich bei Cosmas Damian Asam und später bei Antonio Galli Bibiena. Dieser Einfluss ist auch durch sein Traktat zu erklären, das sich sowohl mit der perspektivischen Archit.-Malerei auseinandersetzt, von den geometrischen Grundlagen bis hin zu dezidierten Anleitungen, als auch mit der Konstruktion ephemerer Schaugerüste und dadurch sowohl für Maler als auch für Architekten konzipiert ist; die 118 Kpst. bilden das Anschauungs-Mat., das auch heute noch die Konstruktion seiner groß angelegten Fresken wie diejenigen der Decke in S.Ignazio nachvollziehbar macht; es wurde auch später noch für die Prinzipien der Quadraturmalerei immer wieder zu Rate gezogen und nicht nur in versch. europ. Sprachen, sondern sogar ins Mandarin übersetzt. Als Laienbruder ist seine Auffassung sowohl von der Kunst als auch von der Rolle des Künstlers stark jesuitisch geprägt; beides setzt er in engen Zusammenhang mit der Gegenreformation. [AKL XCVI, 2017, 460; ThB XXVII, 1933, 334 ss]